Alpiner Jahresabschluss 2022

Vergessene Pfade auf Silberkopf und Hirschberg

 Auch in diesem Jahr  gibt es meinen alpinen Jahresrückblick bereits im November, weil ja schon im nächsten Dezember das neue Bergjahr beginnt. Wieder einmal hat mich das Buch "Vergessene Pfade in den Bayerischen Hausbergen" von J. Burghardt, erschienen im BRUCKMANN Verlag, während der Tourenplanung inspiriert. Allerdings ist das Buch auch leider bald leer.
Also darf ich mich während der Tour nicht zu sehr im Rückblick auf mein (eher dürftiges) Alpinjahr 2022 verlieren, sondern muss die Augen offen halten, um noch unentdeckte Routen zu entdecken.

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Bayerische Voralpen


Silberkopf 1.540m, Hirschberg 1.668m

-/-

Kreuth


Wandern: T3+        Klettern UIAA: -/-       Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: -/-

1.105m / 1.105m

17,4km


06h05m

Ich bin etwas genervt, als ich elf Münzen ausprobieren muss, bis der Kreuther Parkscheinautomat endlich die 5,-€ annimmt, die für mindestens vier Stunden Parkdauer zu berappen sind. Wenn der wenigstens schon mal Karte könnte...

Endlich ist die lästige Pflicht erledigt und mit nur 10 Minuten Zeitverlust kann es endlich mit der Jahresabschlusstour 2022 losgehen. Noch ein paar Schritte an der Hauptstraße entlag, dann soll es nach links in den Wald gehen. Vor mir biegt irgendein Ingolstädter Sportwagen in den Fahrweg ein. Der glaubt wohl besonders schlau zu sein und billig im Straßengraben parken zu können. Was für ein Schnösel! Zwei Figuren steigen aus dem eilig abgebremsten Flitzer aus. Die kenne ich doch, oder? Ja, es sind Paco und Tobi. Was das potenzielle Prellen von Parkgebühren angeht, lag ich also gar nicht so falsch. Die Zwei wollen heute zum Buchstein, zum Klettern, etwas Einfaches, also mindestens VI+...

Wir verquatschen uns noch etwas, aber dann kann es endlich richtig losgehen mit der Jahresabschlusstour 2022. Es geht auf einfachen Wegen aufwärts durch den Wald. Laub bedeckt den Boden und ich kann mich gar nicht mehr erinnern, ob wir dieses Jahr eigentlich einen Sommer hatten oder einen Frühling. Wir hatten jedenfalls kaum einen richtigen Winter.


Ich kann mich noch an die Schneeschuhtour auf die Bodenschneid zusammen mit Wolfgang erinnern. Unsere erste gemeinsame SST. Dann war da noch der Heuberg im Zahmen Kaiser. Die Schneeschuhe hatten Grundberührung.

Ach ja, doch, die Krinnenspitze. Das war kurz nach Beginn des Ukrainekrieges. Immerhin ging es auf einen 2000er in Tirol. Der Schnee war mau, das Wetter schön und das Benzin billiger als daheim. Ganz zum Schluss des Winters gab's noch die Ochsenstaffel. Die Schneeschuhe mussten zur Hälfte getragen werden, nicht an dem Schuhen, sondern auf dem Rücken. Also war das eher eine halbe Wintertour.


Und dann war da diese Nachricht auf der Sprachbox. Anfang April. Paco! Der Anlass war niederschmetternd. Der Berni, der ist abgestürzt! Tod! Musste seit langer Zeit wieder einmal weinen. Das hatte ich mir eigentlich schon abgewöhnt. Der Bergfrühling war für mich jedenfalls gelaufen...

Der Plan für das Frühjahr war ein anderer. Wir wollten zu dritt durch das Südwandschmankerl auf den Buchstein. Wie blöde hatte ich dafür trainiert. Und dann macht der Börny uns so einen Strich durch die Rechnung.


Mittlerweile bin ich auf breiten Wegen weit gelaufen und befinde mich mit Blick auf den Buchstein irgendwo über der Schwarzentenn Alm. Nicht mehr weit und der vergessene Pfad zweigt nach rechts ab. Damit er vergessen bleibt, gibt es in diesem Bericht keinen GPS-Track und keine Karte. 

Der Pfad scheint tatsächlich vergessen. Ich finde kaum Begehungsspuren. Irgendwann ist das Gelände weglos. Was für ein schönes Microadventure! Apropos Abenteuer. Gleich zu Beginn des Bergsommers 22 gelingt Wolf und mir die Reindlkante in den Ammergauern. Das war für mich zumindest schon der Höhepunkt im Klettern. 

Klettern ist auch hier, abseits des vergessenen Pfades, möglich. Ein Kalkriff erhebt sich links von mir aus dem Boden und lädt zum improvisierten Voralpen-Bouldern ein. Die Felsen ragen jedoch kaum über die Baumwipfel hinaus. Einen Überblick über das Gelände wird man hier nicht gewinnen können.


Da war auch noch ein Bergsommer. Ich hatte mich vermehrt im Kaisergebirge herumgetrieben. Man muss nicht weit fahren und der Sprit in Kufstein ist billig. Mit Regalmwand, Kleinkaiser und Mitterkaiser ging es schnell hoch hinaus. Dann begann die Wetterpechsträhne. Unter der (Arbeits-)Woche war das Wetter schön und pünktlich zum Wochenende kam der Regen. Klar, es gab auch Ausnahmen, aber da hatte ich leider immer Urlaub. Ausnahme bedeutet in dem Fall, dass es im Urlaub unter der Woche regnet und am Wochenende schön ist...


"Man muss das Wetter einfach mal überlisten", dachte ich noch, als ich Drea spontan auf eine mehrtägige Karwendeltour unter der Woche begleite. Das Wetter war aber schneller. Zumindest bin ich jetzt schlauer. Der Fotoapparat ist 100% wasserdicht, die alte Goretex-Jacke leider nicht mehr ganz...


Mittlerweile ist der Silberkopf erreicht und ich blicke hinüber zum Leonhardstein, einem der letzten großen Abenteuer, das ich zusammen mit Berni erleben durfte.


Der Bergherbst war dieses Jahr nass und kurz. Immerhin gelingen mir aber noch zwei wichtige Touren. Die Überschreitung von Hochgehren und Schüsser (Darf man die heute noch so nennen?) stand schon acht Jahre lang unerledigt auf der Liste.

Dann war da auch noch die Vordere Goinger Halt. Die hatte ich fast schon im Übertrag auf das kommende Jahr stehen, als sich plötzlich, im viel zu warmen Oktober, doch noch eine Möglichkeit ergab. Das brachte mir zwar kein lang anhaltendes Glücksgefühl, war jedoch ein schöner Höhepunkt im II-ten Grad.


Jetzt stehe ich auf dem Hirschberg. Nicht nur ein eher mittelmäßiges Bergjahr 2022 ohne besondere Höhepunkte findet hier seinen Abschluss, sondern auch das Fotoprojekt "Ein Jahr Berge in schwarz-weiß" neigt sich seinem Ende entgegen. Ab Dezember ist dann Farbe in Bergfotos zumindest wieder erlaubt. Aber wer braucht schon Farbe. Vielleicht beginnt das neue Bergjahr im Dezember mit Schnee und der ist bekanntlich weiß.

Hiermit bestelle ich mir beim Universum und allen seinen Quantenfluktuationen ein schönes Bergjahr 2023 und viel Gesundheit für meine Freunde und mich.


Und als ich wieder in Kreuth ankomme, muss ich noch feststellen, dass ich während der Betriebsruhe des Hotels, auch hätte kostenlos auf dessen Parkplatz parken können. Der Kampf mit dem Parkscheinautomaten war also umsonst, aber nicht kostenlos...

Zing • 12. November 2022