Bergtour - Delpsjoch und Baumgartenjoch

Stille Gipfel im Vorkarwendel

Der Blick auf die Wetterkarte verrät, dass die Luftmassen ab Montag deutlich labiler werden. Also muss am Sonntag noch eine Tour gemacht werden.
;orgens im Bad auf der Keramik sitzend fallen mir zufällig Joachim Burghardts "Vergessene Pfade in den Bayerischen Hausbergen" in die Hände. Die Tour Nr. 12 führt zunächst über den Schafreuter ('Nicht schon wieder'!) zum Delpsjoch ('Kenn ich auch schon!') und weiter auf das Baumgartenjoch ('Moment mal!'). Schnell muss ein einzelnes Blatt Klopapier als Lesezeichen herhalten.

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Karwendel - Vorkarwendel


Delpsjoch 1.945 m, Baumgartenjoch 1.933 m

Delpshals

Parkplatz Tölzer Hütte


Wandern: T4-       Klettern UIAA: -/-        Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: -/-

1.186 m / 1.186 m

15,8 km


06h52m

Der Aufstieg zur Tölzer Hütte ist noch recht nass und entsprechend schmierig, als es um null-sechshundert vom Parkplatz aus los geht. Dafür ist die Luft herrlich frisch, jeder Gedanke an Heuschnupfen schnell vergessen und es geht rasch vorran. Nach zwei Stunden istt der Delpshgals erreicht und ich kann die Kammlinie zwischen Delspjoch und Baumgartenjoch erstmals in Augenschein nehmen. Die Nordflanke ist schroff und abweisend. Da will man nicht herunterfallen und doch nicht liegen bleiben...

Vom Delpsjoch und einer verdienten Frühstückspause trennen mich lediglich 100 Hm. Der erdige Weg ist noch nicht abgetrocknet und ich rutsche oft zurück. Effektiv sind es also eher 150 Hm. Die Gemsen sonnen sich bereits auf dem Südhang und beobachten mich argwöhnisch. Mich stören sie hingegen weniger.


Jetzt geht es richtig los. Die kühne Gratlinie zum Baumgartenjoch liegt vor mir und ich breche in terra incognita auf. Der Grat ist schmal. Nach Norden bricht er steil ab, nach Süden hin erreicht der Grashang mitunter 45°. Das Gras steht jetzt, im Berghochsommer natürlich hoch und manchmal erkennt man eine verborgene Mulde darunter nicht. Man gerät unvermittelt ins Wanken. Im Zweifelsfall hätte ich mich natürlich für den südlichen Grashang entschieden.

Im Verbindungsgrat zwischen Delpsjoch und Baumgartenjoch sind durchaus Parallelen zur Schreckenspitze weiter im Osten zu erkennen. So kommt dann auch meine Schwierigkeitsbewertung von T4- zustande, zumal hier eine erkennbare Wegspur gänzlich fehlt.


Nach 45 Minuten kann man das Baumgartenjoch erreichen. Irgendwer hat aus Zaunstangen ein Gipfelkreuz improvisiert. Eine Plastikdose liegt unter einem Steinhaufen. Ein Felsen bietet genau einer Person einen Sitzplatz. Plötzlich höre ich mich selbst laut sagen: "Ist das schön hier!"
Ich denke mir neue Linien durch das stille Vorkarwendel aus. Die Schneesschuhtouren im nächsten Winter, falls es so einen dann überhaupt noch gibt, werden aus der Luftbildperspektive eruiert. Gemsen und Kühe teilen sich friedlich die Natur. Das völlige Gegenteil von Stachus.


Leider muss man immer wieder irgendwann ins Tal absteigen. Der zunächst weglose Abstieg über die steilen Wiesenhänge erfordert noch einmal Aufmerksamkeit und Trittsicherheit, bis man endlich den Weg, der vom Baumgratensattel herauf und um das Delpsjoch herum führt, erreicht.


Ich bin immer wieder von der seltsamen Funktionsweise meiner Sonnenbrille überrascht. Als Schleierwolken aufziehen, verstaue ich die Sonnenbrille im Rucksack und prompt kommt die Sonne wieder hinter den Wolken hervor...


Zing • 20. Juli 2025