Bergwanderung - Bodenschneid
Die Bodenschneid erscheint als Bergziel auf den ersten Blick wie kalter Kaffee. Den Buckel hab ich schon mit, ohne und auf Schneeschuhen hinter mir; war bestimmt schon viermal oben. Aber von dieser Seite, aus dem Rottachtal von Enterrottach, das ist auch für mich neu.
Schon wenige Meter nach dem Parkplatz muss ich feststellen, dass diese Tour nicht ganz so einfach werden wird. Ein Bach ist angeschwollen von den Regenfällen der vergangenen beiden Tage. Wenn jetzt etwas schief geht, dann bin ich nass und die Tour schon um halb neun vorbei. Moos bedeckt die Steine, die bereits unter der Wasseroberfläche liegen und mir als Tritt dienen müssen. Zumindest sind die Stiefel dicht und ich stehe dank der Stöcke relativ sicher mitten im Bach. Die letzten eineinhalb Meter sind jedoch eine Herausforderung. Die Stöcke tauchen ca. 40 cm tief vor mir bis auf den Bachgrund ein. Jetzt muss muss ich abspringen, um zum anderen Ufer zu gelangen. Hoffentlich rutschen die Stöcke jetzt nicht seitlich aus. Ich hebe ab, der rechte Schuh setzt auf, der linke Schuh streift über die Wasseroberfläche und gelangt dann neben den den anderen. Das ging nochmal gut. Außer einem nassen Hosenbein sind keine weiteren Wasserschäden zu beklagen. Hoffentlich werde ich weiter oben bloß nicht zur Umkehr gezwungen...
Mit gleichmütiger Eintönigkeit bedeckt das braune Laub den Waldboden und verbirgt so den kaum erkennbaren Bergpfad. Als es steiler wird, kann man immerhin schwache Rampen im Boden erkennen, die in einem Zickzack links vom Bach nach oben ziehen. Der Bach strömt auch weiter oben noch immer kräftig durch den immer steiler werdenden Graben. Ich mache mir bereits Sorgen darüber, wie ich bloß über diesen Graben drüber gelangen soll. Umkehren ist schließlich keine erstrebenswerte Option.
Wohin jetzt weiter. Der Weg verliert sich plötzlich. Dünne Spuren führen in alle Richtungen. An dieser Stelle haben vermutlich auch andere schon sehr viel ausprobiert. Eine rumpelige Spur führt unangenehm steil vorbei durch Gesträuch direkt auf den reißenden Bach und eine Steilstufe zu. Geht es wirklich dort entlang? Über große, rutschige, nasse Blöcke klettere ich immer näher an das weiße Gurgeln unter der kleinen Felswand heran. Echt jetzt?
Ich starre wie gebannt auf die Quelle dieses Bachs. Alles Wasser kommt schäumend aus einer Öffnung im Fels, die vielleicht gerade einmal einen halben Meter im Durchmesser misst. Das Wändchen oberhalb davon ist furztrocken. Hier fängt der Bach an. Mit einem weit ausholenden Spreizen wechsle ich über das blubbernde Etwas hinweg auf die andere Seite des Grabens, geradeso als ob dort auf keinen Fall hineinstürzen dürfte. Vermutlich würde einen der Schlund eh sofort wieder ausspucken...
Auf der anderen Seite des Baches wird alles besser. Man wechselt in Fichtenwald. Die Wegfindung ist dort weniger ein Problem. Zudem tauchen nun auch die Überbleibsel einer Steiganlage auf. Ein rostiges Drahtseil kräuselt sich nutzlos um einen alten Haken. Wenngleich es mir schon keinen Halt bietet, so doch immerhin Orientierung.
Als ich nun nach oben schaue, sehe ich erstmals wieder den Himmel durch die Baumstämme. Bei der Kante dort oben wird alles leichter. Bis dahin heißt es jedoch weiter durchzuhalten im steilen Waldhang. Wieso kommt mir in so einer Situation bloß eine Idee für die Arbeit?
Endlich Bodenalm und ein richtiger Weg mit Hinweisschild. Nur noch eine halbe Stunde bis zum Gipfel! Es könnte so einfach sein, wenn der "Zucker" nicht gerade jetzt tauen und eine matschige Schmiere auf dem Pfad zurücklassen würde. Auf lehmigen Plateausohlen erreiche ich den Gipfel, und es kommt sogart die Sonne heraus. Es ist allerdings sehr windig und kalt. Nach wenigen Minuten ohne Handschuhe spüre ich kaum noch meine Finger. Der Zeigefinger kann nicht einmal mehr den Auslöser der Kamera ertasten. Auf was drücke ich da eigentlich?
Der Abstieg im Matsch ist keine rechte Freude. Über die steile Bergwiese der Bodenalm geht es doch viel leichter. Aus dem Augenwinkel erkenne ich links von mir einen Trailrunner, der ebenfalls im Abstieg begriffen ist. Mein Ehrgeiz ist geweckt und wir liefern uns ein Rennen, das bis zur Bodenalm unentschieden ausgeht. Meine Oberschenkel geben mir bereits jetzt zu verstehen, dass ich diesen Schnellabstieg mit einem ausgewachsenen Muskelkater bezahlen werde. Unten im Tal bin ich da noch lange nicht.
Bevor ich noch den Abstecher zum wunderschönen Rottachfall unternehme, muss ich mich auf einer Bank ausruhen. Das Bisschen Bodenschneid hat mich doch sehr gefordert...
Die Bilder werden nachgereicht, sobald der Film entwickelt und gescannt ist, versprochen!
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Nachtrag 14.11.25: Jetzt sind auch die versprochenen Bilder dabei. An die Farben muss auch ich mich erst noch gewöhnen.



















