Bootsfahrt nach Bornholm

Tag 0 - Die lange Anreise

Alleine der Titel dieses Tagebucheintrages verrät schon, dass der Zing dieses Mal nicht in den Bergen Urlaub macht. Doch der Schein trügt. Bornholm habe ich mir nicht ausgesucht, um meinen Urlaub am Strand zu verbringen. Von Bornholm verspreche ich mir viele schöne Erlebnisse, die mit 'B' beginnen: Bergwandern, Bergsteigen, Bouldern, Bilder machen, Fischbrötchen essen, Blödsinn verzapfen u.v.m. Doch am Anfang steht eine Bootfahrt, um auf die Ostseeinsel mit 'B' zu gelangen ...

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Ostsee - Bornholm


-/-

-/-

Allinge-Sandvig


Wandern: T1        Klettern UIAA: -/-         Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: -/-

 33 m / 33 m

 2,3 km


01h03m

Die Fähre startet in Sassnitz


Die Strecke von Zuhause bis zum Fähranleger ist 960 km lang und bis spätestens 11:20 Uhr muss man den Karren auf die Fähre gewuchtet haben. Natürlich hätte ich heute um Mitternacht losfahren können, um rechtzeitg am Anleger zu stehen. Das hätte aber sehr knapp ausgehen können!  Daher bin ich gestern schon zunächst nach Stralsund angereist. Man war diese Fahrt öde. Hinter Berlin und bis Stralsund wird es dann auch richtig anstregend. Es gibt viel Gegend und auf der Piste ist kaum etwas los. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass ich diese Strecke im vollständigen Wachzustand zurückgelegt habe. Da war sicher die eine oder andere Episode mit Sekunden- oder gar Minutenschlaf dabei...

Dafür bin ich heute topfit, starte früh vom Hotel Apfelblüte und tanke in Stralsund noch billig den Tank voll, bevor es über die eindrucksvolle Rügenbrücke mit ihren 2.830 m Länge weiter nach Sassnitz geht. Und nun habe ich noch dreieinhalb Stunden Zeit, bevor ich zum Fährhafen Mukran muss...

Gut, der Supermarktkomplex in einer Plattenbausiedlung ist der erste Anlaufpunkt, um noch Verpflegung und Wasser vor der Überfahrt zu bunkern. Vielleicht ist ja auf der Insel alles viel teurer!  Und jetzt habe ich immer noch zweieinhalb Stunden Zeit übrig. Was tun? Ich schaue mir Sassnitz an.


Direkt am Hafen finde ich einen Parkplatz, auf dem man mit Parkscheibe 30 Minuten kostenlos parken kann. Für mehr Zeit müsste ich weiter zu Fuß gehen. Eilig schnappe ich mir die Kamera und eile auf die Uferpromenade zu. Der Straßenbelag wechselt urplötzlich von Kopfsteinpflaster über einen schmalen Streifen Waschbetonplatten zu Holzbohlen. Nassen Holzbohlen! Mir zieht es zunächst einen Fuß weg, dann den anderen. Ich liege waagerecht in der Luft. Wie in Zeitlupe muss ich erleben, dass die 'Dicke Bertha', mein geliebter Fotoapparat, zunächst mit einer Gehäuseecke auf den Holzbohlen einschlägt, nocheinmal elastisch zurückfedert und dann endlich auf dem nassen Boden liegen bleibt. Ein Passant fragt, ob ich Hilfe benötige. Ich prüfe jedoch zuerst, ob die Kamera noch funktioniert. Kein Kratzer, keine Delle, nichts abgebrochen. Einschalten geht auch noch. Der AF stellt scharf. Ich bin beruhigt und bemerke erst jetzt, dass rechtsseitig Knie, Hüfte und Arm schmerzen. Zumindest kann ich weiterhumpeln und ich hoffe, dass sich unter der Kleidung nicht doch klaffende Wunden befinden, aus denen arterielles Blut pulsierend austritt.

Nach diesem Schrecken muss ich erstmal ein Foto machen...

Eine halbe Stunde ist schnell herum, gerade wenn man sich seine Wunden auch noch mit der salzigen Zunge lecken muss. Ich eile so schnell es geht zurück zum Auto. Ich bin schon fünf Minuten drüber. Bei meinem Karma steht dort bestimmt die örtliche Verkehrsraumüberwachungsfachangestellte (m/w/d) mit dem gezückten Quittungsblock.

Das ist nochmal gut gegangen. Jetzt aber schnell zum Fährhafen. Dort warten schon all die anderen Autos mit vorwiegend bayerischen Kfz-Kennzeichen, die genau solche Heißdüsen sind, wie ich. Die Schranken werden sich nämlich erst eine Stunde vor Ablegen der Fähre öffnen. Bis dahin verquatsche ich mit einigen andere Passagieren die Zeit. Ich lasse mir z.B. einen alten Motorrad-Oldtimer vorführen oder erfahre, wie es ist, um 23:00 Uhr in Erlangen zu starten, um rechtzeitg hier zu sein. Dass ich zum Bouldern nach Bornholm fahre, ruft bei den Leuten, mit denen ich nachher in einem Boot sitzen werde, lediglich verständnisloses Kopfschütteln hervor. Ein älteres Ossi-Ehepaar denkt hingegen eher an das französische Spiel mit den Kugeln...


Die Schranken öffnen sich. Wenn man zu den Ersten gehört wird man auf der Spur 'Bana 1' einsortiert. Die vor mir einfahrenden Fahrzeugführer (m/w/d) können schon weiterzählen und wollen nicht auf die 'Bana 1'. Und so ergattere ich tatsächlich die Poleposition.

Die nächsten 55 Minuten führe ich ein sehr spannendes Gespräch mit einem Münchner, der mit einem Carsharing-Fahrzeug der MVG angereist ist! Während des Gespräches fällt meinem Gegenüber auf, dass ich sämtliche Bewegungen am Boden und in der Luft wahrnehme. Das Objekt wird aus dem Augenwinkel betrachtet und dann nach potenzieller Gefahr beurteilt. Ist mir nie so aufgefallen, aber er hat Recht. Das muss so ein Überbleibsel aus meiner olivgrünen Vergangenheit sein.


Dann geht plötzlich alles sehr schnell. Autos kommen uns entgegen. Auf den Bana 1-6 werden erste Triebwerke gestartet. Ordner mit gelben Schutzwesten tauchen auf und winken uns der Reihe nach auf die Zufahrt zum Kai.

Bootsfahrt nach Bornholm


Das Leben mancher Leute ist so langweilig, dass sie die Tagebucheinträge anderer leute im Internet lesen müssen. An der Spitze dieses Eisbergs tummeln sich diejenigen, die mir dann auch noch E-Mails schreiben: "Sehr geehrter Herr Zing, Sie wissen scheinbar nicht, dass eine Fähre kein Boot, sondern ein Schiff ist...".

Doch, weiß ich! Aber wisst ihr denn, wie man Boot und Schiff voneinander unterscheidet? Als sich bei der Ausfahrt aus dem Hafen der Aufbau der Fähre aus der Kurve nach außen legt, da wird klar, dass es sich um ein Schiff handeln muss.

Und ich kann übers Wasser gehen. Ich bin hier nur deshalb, weil ich irgendwie das Auto auf die Insel bringen muss.

Die Bootfahrt mit dem Schiff vergeht wie im Flug vorbei an Rügens Kreidefelsen, vorbei an einer riesigen Offshore-Windenergieanlage und dann sieht man bereits Borholm am Horizont auftauchen.

Drei Stunden sind schnell herum und die ersten 100 Bilder sind schon auf der Speicherkarte. Wir laufen bei strahlendem Sonnenschein in den Hafen von Rønne ein. Noch bevor die Fähre festgemacht wird, werden wir auf die unteren Decks zu den Autos gerufen. Alles geht nun sehr schnell vonstatten und ehe ich mich in eine Dänin vergucken könnte, fahre ich auch schon mit dem Auto durch Rønne, um vorbei an Hammershus weiter nach Allinge zu gelangen. Dort werde ich Unterkunft beziehen.

Schlüsselsafe klingt größer als er letztendlich ist. Da ist also der Schlüssel! Zunächst einmal muss ich alles einräumen und mein Verständnis von Sauberkeit und Reinheit im Ferienappartment herstellen. Der Wasserkoch wurde seit Jahrzehnten nicht entkalkt. Erstmal einen Tee! Und dann?

Naherkundung Allinge


Zum Strand sind es zu Fuß nur fünf Minuten. Ein Spaziergang mit Fotoapparat tut mir nach dem vielen Sitzen der vergangenen beiden Tage sicher gut.

Immer Hochsommer steppt hier in Allinge sicher der Bär. Nun aber, es ist Mitte September, wirkt der Ort eher verschlafen. Die Bordsteine sind schon hoch-geklappt und die meisten Hotels aufgekrempelt...

Allinge hat einen gewissen Charme. Ich verliebe mich sofort in den kleinen Ort an der Nordspitze von Bornholm.


Ich freue mich schon auf den nächsten Tag mitten in der Ostsee!


Zing • 11. September 2025