Buchbesprechung - Blade Runner
Philip K. Dicks "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?"
Mit "Das Orakel vom Berge" hatte ich einen nicht ganz so gelungenen Einstieg in die fiktionalen Welten des Philip K. Dick. "Blade Runner" gefällt mir schon viel besser. Und "Blade Runner" ist eigentlich auch schon wieder falsch. "Blade Runner" ist der Titel der 1982 unter der Regie von Ridley Scott erschienenen Verfilmung des Romans "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?". Diesen Roman hatte Dick bereits 1968 veröffentlicht.
Rick Deckard ist Kopfgeldjäger in tödlicher Mission. Er macht Jagd auf Androiden, die sich grundsätzlich nicht auf der Erde aufhalten dürfen (Warum eigentlich nicht?). Dieser Haupthandlungsstrang spielt vor der postapokalyptischen Kulisse der Erde, die durch einen Atomkrieg nahezu unbewohnbar wurde. Die meisten Bewohner sind längst zum Mars ausgewandert und die, die dageblieben sind, jagen beruflich Androiden und widmen sich in ihrer traurigen Freizeit ihren seltenen Haustieren. Haustiere, und sei es eine Ziege, sind die Statussymbole einer ziel- und hoffnungslosen Gesellschaft, die sich ihrem Schicksal längst resigniert ergeben hat. Wir schreiben übrigens das Jahr 2012.
1968, kurz vor dem Höhepunkt des Raumfahrtzeitalters, hat sich also Philip K. Dick die Erde (und den Mars) im Jahr 2012 vorgestellt. Dass die Erde durch einen Atomkrieg zerstört wurde, ist noch keine kreative Glanzleistung, sondern entspricht vielmehr dem Zeitgeist der späten 60er Jahre. Aber Philip K. Dick kann eine Welt erfinden, in der Androiden kaum noch von echten Menschen (was ist das eigentlich?) zu unterscheiden sind, Menschen den Mars besiedelt haben und Männer in Flugwagen vom Dach ihres Hauses starten. Was mir dabei immer nicht in den Kopf will ist, warum so viele andere Technologien sich dann aber kein Stück weiterentwickeln. Menschen bauen Kolonien auf dem Mars, aber für die Vermittlung eines (immerhin) Videotelefonats benötigt man immer noch eine Frau in der Vermittlung (wer aus der Generation Z weiß denn, was das ist?). Wenn man nicht gestört werden will, sagt man der Sekretärin Bescheid. Wenn man einen Kaffee will, dann schicken auch die Androidenjäger der Zukunft die Ehefrau in die Küche an den Herd. Na gut, irgendwie finde ich dieses altmodische Weltbild eines 68ers doch nicht so schlecht...
Die Haupthandlung ist gut und schlüssig erzählt. Daraus einen Film zu machen, erscheint naheliegend. Dann ist da aber noch Philip K. Dicks bereits bekanntes Problem: zu viele Nebenhandlungen und zum Teil "lose Enden". Die Sache mit dem Mercertum ergibt für mich z.B. keinen Sinn. Man kann diese Abschweifung in die Religion nicht einmal als Rahmenhandlung auffassen. In meiner Verfilmung von "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" würde ich so einige Szenen des Romans auf jeden Fall unterschlagen. Vielleicht muss ich das Buch nur noch ein zweites Mal lesen, um alles zu begreifen? Das ist ja völlig abwegig, Zing!
Resümee: Philip K. Dicks "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" hat mein Interesse an diesem Autor zumindest wieder etwas wachsen lassen. Die Geschichte ist fesselnd erzählt und kann dennoch auf Cliffhanger verzichten. Schön bzw. nice! P.K. Dick wird zwar niemals an einen Franz Kafka herranreichen, ist aber als Autor immerhin so besonders, dass seine Zukunftsromane sich über den großen Durchschnitt der SciFi-Laser-Baller-Alien-Monster-Romane erheben.
Zing vergibt für die Vorlage zu "Blade Runner" 4 von 5 möglichen Lesesternen.