Buchbesprechung - Photography with Tilt and Shift Lenses
"Fachliteratur" von Keith Cooper
Streift man heutzutage auf der Suche nach Informationen über die Fotografie mit Tilt-/Shift-Objektiven durch das Internet, so kommt man an einem Namen kaum vorbei: Keith Cooper (website, youtube). Er bewirbt in den online-Medien auch immer wieder sein Buch "Photography with Tilt and Shift Lenses - Art and Techniques". Zeit, sich das einmal näher anzuschauen.
Mittlerweile liegt dieses 2020 erstmals erschienene Buch seit diesem Jahr (2025) in der zweiten, allerdings unveränderten Auflage vor.
Alles beginnt mit einem Überblick über marktverfügbare Tilt-/Shift-Objektive. Dabei kommt man natürlich nicht an NIKON und CANON vorbei. Auf die letztgenannten geht der Autor sehr ausführlich ein, weil er als professioneller Architektur- und Industriefotograf selbst mit einer CANON-Ausrüstung arbeitet. Der zweiten Auflage hätte ein Update des ersten Kapitels ganz gut getan, weil in den vergangenen fünf Jahren einige Hersteller zahlreiche, neue Modelle auf den Markt gebracht haben (LAOWA, FUJIFILM, 7ARTISANS, TTARTISAN) und andere fast in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind (HARTBLEI, NIKON). Nichtsdestotrotz sind diese ersten Seiten des Buches ein recht nützlicher Überblick, der auch Einsteigern aufzeigen kann, dass man auch mit älteren, gebrauchten und deshalb preisgünstigen T/S-Objektiven erste Erfolge erlangen kann. Und jeder kann erkennen, wie sehr sich der technische Fortschritt der vergangenen 30 Jahre in T/S-Objektiven niederschägt. Die Randbereiche des Bildkreises werden heute immer weniger von chromatischer Aberration und Verzeichnung beeinflusst. Größere Tilt-Winkel oder Verschiebungen werden möglich.
Weiter geht es mit Shift. Die Abhandlung darüber ist mehr als vollständig. Von der Korrektur stürzender Linien bis hin zur Erstellung von Panoramen/Mosaiks wird alles von Relevanz behandelt. Für mich persönlich eigentlich nicht viele Neuigkeiten (siehe Sonderausgabe der zinglogs) und doch gelingt es Keith Cooper erneut, mein Interesse zu wecken. Die Korrektur perspektivischer Verzerrung durch seitlichen Shift muss ich mir unbedingt anschauen. Und dann überrascht mich Keith Cooper auch noch. Von einem professionellen Architekturfotografen hätte ich eigentlich die Verteufelung stürzender Linien erwartet. Nein, Cooper sagt sogar explizit, dass erlaubt sei, was den künstlerischen Ausdruck betont, und deshlab sind stürzende Linien manchmal auch erlaubt!
Das Thema Tilt wird vom Autor in zwei weiteren Kapiteln behandelt: Tilt bei normalen Abständen zum Objekt und Tilt im Nahbereich. Diese Aufteilung erscheint notwendig und wird nicht zuletzt durch den sehr unterschiedlichen Einfluss von Tilt auf die Lage der Schärfeebene sogar hinreichend. Viele praktische Bildbeispiele, ergänzt um Darstellungen des Aufbaus von Kamera, Objektiv und Objekt, sind bessere Erläuterung, als es jeder Text sein kann. Keith Cooper präsentiert dabei einen eher praxisorientiert Ansatz zum Einsatz von Tilt, der auch und gerade für Anfänger besonders geeignet ist. Mich haben in diesem Zusammenhang die Fotografien des Autors begeistert, die die Wirkung des sog. Miniatureffekts verdeutlichen. Eine Disziplin, in der ich noch Nachholbedarf habe.
Zuletzt und als gelungener Schluss folgt ein Kapitel über die spätere Verarbeitung von Fotografien, die mit T/S-Objektiven entstanden sind. Es wird schnell klar, warum der Tilt-Shift-Effekt nicht allein am Computer erzielt werden kann und deshalb T/S-Objektive überhaupt erforderlich werden. Und dennoch macht die qualifizierte Nachbearbeitung aus einer Aufnahme, die mit T/S-Objektiv gewonnenen wurde, letztendlich ein Kunstwerk.
Resümee: Keith Coopers "Photography with Tilt and Shift Lenses - Art and Techniques" ist ein leicht handhabbarer Abriss über das doch sehr komplexe Thema der Fotografie mit Tilt-/Shift-Objektiven. Es ist zugleich eine gelungene Einführung für Einsteiger und ein praktisches Nachschlagewerk für erfahrene Fotografen. Nicht zuletzt sollen die zahlreichen, sehr gelungenen Fotografien von Keith Cooper Erwähnung finden. Seine Bilder sind beleg dafür, was man mit Tilt-/Shift-Objektiven alles erreichen kann. Ein Fachbuch nicht nur zum Lesen, sondern ganz besonders auch zum Anschauen!
Zing vergibt ohne Tilt und Shift 4,5 von 5 möglichen Lesesternen.